Sommerhitze im Fokus: Dr. Uwe Ochs über die Herausforderungen und Prävention bei steigenden Temperaturen

Wie sich Malteser auf wachsende Hitzebelastungen einstellen und welche Maßnahmen besonders vulnerable Gruppen ergreifen sollten: Im Interview erklärt Dr. Uwe Ochs, wie die Malteser angesichts der zunehmenden Sommerhitze ihre Einsätze und täglichen Aufgaben anpassen müssen, einschließlich der Sensibilisierung und Schulung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Er betont die Bedeutung präventiver Maßnahmen für vulnerable, also besonders gefährdete Gruppen, und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure sowie von Informationskampagnen zum Hitzeschutz.

Die Sommer werden immer wärmer. Was bedeutet das für uns Malteser und unsere Dienste?

Die zunehmende Hitzebelastung bringt in allen Einsätzen und täglichen Aufgaben der Malteser zusätzliche Herausforderungen mit sich. Unsere haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter/-innen müssen für dieses Thema sensibilisiert und geschult werden. Es gilt, neben dem Eigenschutz auch drohende oder bereits eingetretene Hitzeauswirkungen bei den zu versorgenden Personen rechtzeitig zu erkennen und sie entsprechend zu versorgen. Dabei sollten wir berücksichtigen, dass das Bewusstsein für die Gefahren von Hitze und die Maßnahmen zum Schutz insbesondere für gefährdete Personen in großen Teilen der Bevölkerung einfach noch unzureichend ist.

Dr. Uwe Ochs

Dr. Uwe Ochs ist der Diözesanarzt des Malteser Hilfsdienstes in der Diözese Rottenburg-Stuttgart und Landesarzt der Malteser Baden-Württemberg. Er fungiert als Mitglied der Bundesfachkommission Rettungsdienst des MHD. Er leitet eine ärztliche Praxis für Orthopädie und Unfallchirurgie in Pfullingen.

Was sollten vulnerable Gruppe wie ältere Menschen, Kinder und Menschen mit Vorerkrankungen in diesem Zusammenhang besonders beachten?

Achten Sie auf eine ausreichende, über den Tag verteilte Trinkmenge. Stellen Sie sich Getränke griffbereit hin. Sie können sich auch eine Trinkerinnerung einrichten - das betrifft besonders ältere Menschen. Nehmen Sie sich Zeit für das Trinken und nehmen Sie auch für unterwegs Getränke mit. Vermeiden Sie bei großer Hitze möglichst schweres Essen und nehmen Sie besser wasserreiches Obst und Gemüse sowie leichte salzhaltige Speisen zu sich. Auch bei der Bekleidung gibt es einiges zu beachten: Tragen Sie leichte und luftige Kleidung – insbesondere auch eine Kopfbedeckung, am besten mit Nackenschutz. Wenn die Sonne scheint, verwenden Sie Sonnenschutzmittel und tragen Sie diese regelmäßig auf. An heißen Tagen ist es wichtig, den Tag gut zu planen und führen Sie, sofern es  möglich ist, Ihre Erledigungen in den Morgenstunden durch. Suchen Sie im Freien immer wieder Schatten in Parks und Gärten auf und legen Sie Hitzepausen ein, zum Beispiel in einem klimatisierten Supermarkt oder im Kaufhaus. Denn in unseren Städten ist es oft sehr eng mit schmalen, hohen Straßenschluchten, in denen die Hitze steht und grüne Oasen fehlen - dadurch heizen sich die Häuser und insbesondere die Außenwände der Wohnungen langsam auf und speichern die Hitze sehr lange. Wichtig ist ein erholsamer Nachtschlaf. Verlegen Sie die Schlafstätte möglichst in kühlere Bereiche und nutzen Sie eine leichte Bettdecke und Bettwäsche oder am besten - wie in südlichen Ländern -  nur ein Bettlaken. Kühlen Sie im Bedarfsfall das Bett mit einer kalten Wärmflasche.

Was können Angehörige leisten, um ihre gefährdeten Familienmitglieder zu schützen?

Achten Sie auf die Trinkerinnerungen, neben den bereits genannten Maßnahmen wie Kleidung, Ernährung und ausreichende Trinkmengen. Lüften Sie die Wohnung frühmorgens oder nachts komplett durch und sorgen Sie tagsüber mit Jalousien oder Vorhängen für Schatten in der Wohnung. Es ist ratsam, wenn Sie sich im Internet über Hitzewellen informieren. Wenn ihren Angehörigen möglich ist, sich beispielsweise beim Einkaufen oder zur Trinkerinnerung Hilfe bei unserem Besuchsdienst oder beim Nachbarn zu holen, sollten sie dies nutzen. Hier ist auch beispielsweise unser Hausnotruf eine wichtige, häufig lebensrettende Investition.

Welche Rolle spielen Präventivmaßnahmen wie Aufklärung und Sensibilisierung im Bezug auf Hitzebelastung?

Breit angelegte Informationskampagnen sind sehr wichtig, um das Bewusstsein für die Gefahren von Hitze und die Maßnahmen zum Schutz nicht nur für gefährdete Personen, sondern in der gesamten Bevölkerung zu stärken. 2023 fand erstmals ein sogenannter Hitzeaktionstag in Deutschland statt. Kürzlich, am 5. Juni diesen Jahres folgte der zweite Hitzeaktionstag (www.hitzeaktionstag.de). Dabei handelt es sich um eine gemeinsame Initiative der Bundesärztekammer, der Deutschen Krankenhausgesellschaft, des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherungen, der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung und mehr als 20 weiteren Institutionen und Verbänden. In zahlreichen Städten gab es Veranstaltungen und Aktionen zum Hitzeschutz, sowohl für vulnerable Gruppen als auch für alle Interessierten. Eine zentrale Fachveranstaltung mit einer Pressekonferenz fand im berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus Berlin statt. Dieser Hitzeaktionstag war sehr erfolgreich und wird im nächsten Jahr erneut durchgeführt.

Gibt es spezifische Empfehlungen im Umgang mit Hitzeperioden?

Wenn Sie wissen möchten, ob eine Hitzewelle ansteht, können Sie sich jederzeit aktuell beim deutschen Wetterdienst informieren (www.dwd.de oder www.dwd.de/app) Wie gesagt, ist dann wichtig, ausreichend Trinkwasser bereitzuhalten und den Tag möglichst  gut zu planen und die oben genannten Punkte zu beachten.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Behörden in Bezug auf Hitzeschutz aus?

Alle Hilfsorganisationen, das Technische Hilfswerk und bei Bedarf auch Feuerwehr und Polizei arbeiten hier sehr eng zusammen. Außerdem beteiligen sich inzwischen auch die Berufsgenossenschaften, gesetzlichen Unfallversicherungen, die Krankenkassen, die Bundesärztekammer und zahlreiche weitere Institutionen und Verbände daran.

Was sind die wichtigsten Signale einer Hitzeerkrankung und wie sollten Laien darauf reagieren?

Die ersten Anzeichen und Signale einer beginnenden Hitzeerkrankung können ganz unterschiedlich sein: Es können Kopfschmerzen auftreten, die Haut wird heiß und trocken, man wird müde und schlapp. Das kann bis zu Schwindelgefühl, Verwirrtheit, Halluzinationen und im schlimmsten Fall auch Krampfanfällen und zur Bewusstlosigkeit führen. Erste Maßnahmen sind hier, die/den Betroffenen sofort in den Schatten oder noch besser in eine kühle Umgebung zu bringen und die Kleidung zu öffnen, um einen eventuellen Hitzestau zu beseitigen. Geben Sie ihr/ihm, wenn möglich, langsam kleine Schlucke zu trinken und geben Sie ihr/ihm feuchte Umschläge oder Wasser aus einer Sprayflasche auf Arme, Beine, Stirn oder Nacken. Im Zweifelsfall informieren Sie auf jeden Fall immer sofort den Rettungsdienst.

Vielen Dank für das informative Interview, Herr Dr. Ochs!