Stuttgart. Zum Tag der Kinder- und Jugendhospizarbeit am 10. Februar weisen die Malteser auf die besonderen Herausforderungen für Familien hin, in denen ein Kind lebensverkürzend erkrankt ist. Psychosoziale Hilfe, praktische Unterstützung, Therapien oder einfache Momente der Entspannung fallen für viele Eltern und Kinder weg. Zudem sind die Familien nicht in der ersten Priorität der Corona-Impfungen vorgesehen. „Die Angst, dass das schwer erkrankte Kind zusätzlich mit Corona infiziert wird, führt bei allen Familien zu extremen Einschränkungen. Die Eltern sind permanent in Hab-Acht-Stellung, denn auch die gesunden Geschwisterkinder können Covid-19 mit nach Hause bringen“, sagt Bernhard Bayer, Referent für Hospizarbeit bei den Maltesern in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die Malteser fordern, dass den betroffenen Familien sehr schnell ein Angebot zur Impfung gemacht werden muss.
Strenge Selbstisolation
In Familien kümmert sich meist ein Elternteil vollständig um das erkrankte Kind und die Geschwister, ein Elternteil geht arbeiten. In Corona-Zeiten aber wird das Wohnzimmer zum Homeoffice und zum Schulort für die Geschwister. „Die Familienmitglieder isolieren sich meist sehr streng gegenüber außen, um die Ansteckungsgefahr für das schwerkranke Kind Richtung Null zu drücken“, sagt Bayer.
Der Malteser Referent für Hospizarbeit appelliert an die Menschen im Freundeskreis oder in der Nachbarschaft: „Es sind die kleinen Gesten, die in diesen Zeiten helfen: Einkaufen gehen für die Familie, einen Kuchen vor die Türe stellen, eine selbstgebastelte Postkarte schreiben statt einer Handy-Nachricht, natürlich aber auch mit Telefon und Videochat für Ablenkung sorgen.“
Härtefall: Ohne persönliche Begleitung geht es nicht
Für manche Betroffene geht es auch in Corona-Zeiten nicht ohne direkte Begleitung, also einen Besuch der Ehrenamtlichen. Im Rahmen einer Härtefall-Regelung stehen die Malteser auch hier bereit. In Freudenstadt beispielsweise besucht eine ehrenamtliche Hospizmitarbeiterin regelmäßig eine Familie wegen der zum Teil kleinen Kinder – natürlich mit Maske, zwei Metern Abstand und im Freien. „Doch draußen kann man den Geschwisterkindern nicht bei Schulaufgaben helfen – das bleibt ein riesiges Problem, gerade für Familien mit Verständigungsproblemen“, sagt Diana Schmidt, Leiterin und Koordinatorin des Malteser Kinder- und Jugendhospizdienstes in Freudenstadt.
Viele ehrenamtliche Begleiterinnen und Begleiter bleiben „ihrer“ Familie auf jeden Fall per Netz verbunden. Messenger-Dienste mit Videofunktion dienen dazu, zum Beispiel doch noch zusammen zu basteln. Derweil die Kinder am heimischen Küchentisch schneiden und kleben, verfolgt ihre Begleiterin von ihrem Zuhause aus die Fortschritte und gibt Tipps. In einem anderen Fall bleibt über diesen Weg das gemeinsame Gebet mit den Erwachsenen bestehen. „Online verbunden zu sein ersetzt in keinem Fall die persönliche Begleitung, doch funktioniert es in der jetzigen Situation sehr gut“, sagt Bernhard Bayer, der den Dienst in der Diözese Rottenburg-Stuttgart seit 1996 leitet. Er ist froh, dass die Ehrenamtlichen auf diese Weise auch vor Ansteckung geschützt sind und ihre wichtige Unterstützung nicht einstellen. Denn Familien mit einem schwer erkrankten Mitglied können sich nicht noch mehr isolieren. „Der Spielraum ist aufgebraucht“, konstatiert Bayer.
Hintergrund:
Kinder und Jugendhospizarbeit ist ein wichtiger Teil der Malteser Hospizarbeit, bundesweit sind die Malteser führend in diesem Bereich. Bereits 1999 haben sie zusammen mit der katholischen Kirchengemeinde in Kirchheim unter Teck den ersten ambulanten Kinderhospizdienst in Süddeutschland gegründet. Inzwischen bieten sie an 15 Standorten in Baden-Württemberg Kinder- und Jugendhospizdienste an.
Weitere Infos: „20 Jahre Hospizarbeit der Malteser in Baden-Württemberg“
Achtung Redaktion:
Bernhard Bayer, Malteser Referent für Hospizarbeit in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, steht für Interviews und O-Töne zur Verfügung. Vermittlung: 0171 / 3105279, Email: petra.ipp@malteser.org
Die Angebote des Malteser Kinder- und Jugendhospizdienstes sind für alle betroffenen Familien kostenfrei und unabhängig von Nationalität, Konfessions- und Religionszugehörigkeit. Um ihre Hilfen für die Familien weiter ausbauen und weitere Ehrenamtliche schulen zu können, sind die Malteser auf Spenden angewiesen: